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Lange wanderte er über steinige Erde. Der Horizont
zeigte sich als scharfer Grat in der Ferne. Keine Wolke am Himmel.
Klare Luft, die er in vollen Zügen nahm. Es wurde Abend.
Er legte sich auf den staubigen Boden. Lag da auf seinem Rücken.
Beobachtete, wie der Himmel schwarz wurde. Keine Sterne. Er nahm
einen Stein, hielt ihn, preßte ihn, ohne ihn betrachtet
zu haben, an die Stirn. Er schloß die Augen, neigte den
Kopf, fuhr sich mit dem Stein durchs Haar. Seine tastenden Finger
hielten diesen leblosen Gegenstand umklammert, wie ein letztes
Stück Brot.
"Gibst du nun endlich auf?", fragte der Stein.
Er schüttelte den Kopf. Legte den Stein zurück in den
Staub.
Die Schwärze des Himmels senkte sich über die Erde.
Kam auf ihn herab. Strich über seine Haut. Umfing ihn schließlich,
wie ein unendlich weicher Mantel. Er schlief ein.
Es klopfte. Sie trat zu ihm. Ein leichtes Lächeln flog über
ihr Gesicht. Ihre Augen waren wie Marmor. Er erhob sich, griff
ihre dargebotene Hand erst, als er schon vor ihr stand. Sie strich
ihm eine Strähne aus dem Gesicht.
"Komm", sagte sie, "ich möchte dir etwas
zeigen."
Sie führte ihn in einen Raum, der noch größer
war.
"Hier gibt es keine Schuld", sagte sie.
Er sah sich um. Ein Wort trat unter vielen anderen hervor und
rührte ihn an. Es bedeutete ihm, still zu sein. Er hüllte
sich in einen Panzer aus Schweigen, der unfaßbare Raum
wurde wie Blei so schwer. Sie stand neben ihm. Ihr Blick schien
durch weit entfernte Wände hindurchzugehen. Auch sie schwieg.
Dann sah sie ihn an.
"Du wirst mich töten", befahl sie ihm.
"Ich kann nicht."
"Du wirst."
Schweiß strömte, als er seinen Augen die Stirn bot.
Zwei von ihnen erkannte er. Sie grenzten aneinander, wie es gespiegelte Gärten an der Oberfläche
eines Teiches tun. Beide hatten ihn hierher gebracht.
"Es muß drei geben", wiederholte er sich unablässig,
immer und immer wieder, "es muß drei geben..."
Sie wartete.
Er schrie. Rings um leuchteten Wände grell auf und verblaßten.
Er sah, wie Mauern unter seinen Blicken zerbrachen,
wie Säulen sich neigten, wie ganze Paläste im Treibsand
versanken. Dann, zuletzt, ging sie.
Es wurde Tag. Er war allein. Er stand auf, tat den ersten Schritt,
wanderte unter einem wolkenlosen Himmel. Gegen Mittag setzte
er sich auf einen kleinen Hügel und entzog der Tasche sein
letztes Stück Brot. Die klare, trockene Luft hatte es hart
wie Stein werden lassen.
"Gibst du nun endlich auf?", fragte er sich selbst,
fast beiläufig.
Matt schüttelte er den Kopf. Betrachtete das Brot und steckte
es wieder in seine Tasche. Lehnte sich weit, weit zurück
, schloß die Augen. Genoß das weiße Licht auf
seiner Haut.
Jemand klopfte. Sie trat zu ihm.
"Komm", sagte sie, "ich möchte dir gern etwas
zeigen".
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