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Rings um die Hütte eines einsamen alten Holzfällers lebte einst
ein Wald. Der war so reich an Bäumen, daß ihn die
gelegentlichen Fällungen, die der einsame alte Holzfäller
vornahm, nicht störten, ja er bemerkte sie kaum. Nun begab
es sich aber, daß der Wald während eines Regens
sehr naß wurde. Tropfen hingen an den Zweigen, an den Ästen,
im Moos und an den Halmen der Gräser. Das war nicht gerade
ungewöhnlich, wie auch der alte einsame alte Holzfäller
zu bestätigen bereit gewesen wäre, wenn ihn jemals
einer danach gefragt hätte, was natürlich niemals vorkam.
Einsame alte Holzfäller sind einsam. Niemand fragt sie jemals
irgendwas.
Der Wald war naß. Wie schon so oft vorher. Naß. Und
Tropfen hingen überall rum.
Normalerweise bat der Wald in solchen Fällen die Sonne,
ihn zu trocknen und zu wärmen, was normalerweise dann auch
geschah. Manchmal trocknete die Sonne ihn auch ungefragt, was
der Trockenheit an sich keinen Abbruch tat. "Trocken ist
trocken", pflegte der einsame alte Holzfäller zu sagen.
Er hatte eine Vorliebe für schlichte Wahrheiten. Er hatte den Wald oft genug trocken
gesehen, und was er wußte, das wußte er.
Nun aber war der Wald naß, und die Sonne, die hinter einer
Wolke hervorgekrochen kam und seiner überwältigenden
Naßheit ansichtig wurde, sagte: "Nein."
"Wie jetzt?", fragte der Wald.
"Nein", sagte die Sonne.
Einige Minuten lang sah der Wald stumm, naß und sehr verwirrt
in den Himmel. Die Sonne blickte kühl auf den Wald herab.
Nur einige der Sonnenstrahlen verirrten sich auf die klatschnassen
Blätter eines umherstehenden Mandelbaumes und erwärmten diese unmerklich
um einige Milligrad.
Der einsame alte Holzfäller maß all dem keine Bedeutung
bei. Er zündete sich ein Pfeife an und rauchte.
Der Wald hingegen war offenkundig entsetzt. Er war fassungslos.
Er fing an, fieberhaft zu überlegen. Unmerklich waren währenddessen
weitere versprengte Sonnenstrahlen an den Blättern des Mandelbaumes
und an denen weiterer Gewächse angelangt und erwärmten
diese noch ein bißchen mehr. Der Wald fing an zu dampfen.
Der einsame alte Holzfäller maß auch dem keinerlei Bedeutung bei. Er saß
und blickte nach links unten in das dampfende Gras und rauchte.
Dann wurde er sich plötzlich seiner Teilnahmslosigkeit bewußt.
Nebelschwaden formierten sich. Sonnenstrahlen schossen inzwischen
völlig ungerührt und für jeden sichtbar auf den Waldboden und
auf das deutlich dampfende Grün. Die Sonne sah ihre Glaubwürdigkeit
ernstlich gefährdet. Das merkte auch der Wald und entspannte
sich etwas.
Dann war alles so wie immer.
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